und   Samara
29.7.-11.8. und 19.-27.8.04
   

(auf Einladung des Zentrums für zeitgenössische Kunst)

Text Bettina Carl

Einleitung

Nishni Novgorod

Izhevsk

Jekaterinburg

Samara

Saratov

Ausstellung

Text Peter Funken

 

 

 

       
Zentrum für zeitgenössische Kunst Samara

9.8.
Die Hälfte meiner Rußlandzeit ist vorbeigerauscht, ich fange schon an, alles für normal anzusehen, finde nicht mehr jeden Wohnungsbesuch so unglaublich aufregend, würde eigentlich gern mal ein paar Tage am Strand liegen und gar nichts tun.
Stattdessen ist mir Sergej Gennadjewitsch über den Weg gelaufen. Er fotografiert hier in Samara, gemeinsam mit Jewgenij Wassilijewitsch (ich komme mir vor wie bei Dostojewskij - hier wie dort verwechsele ich immer die Namen). Und ich fotografiere sie beim Fotografieren. Sie sind wirklich lustig, Sergej Gennadjewitsch und Jewgenij Wassilijewitsch: die ersten Russen, die ich getroffen habe, die sich konsequent mit Vor- und Vatersnamen anreden und dabei siezen, obwohl sie sich schon seit Jahren kennen, zusammen saufen, baden, arbeiten. Beide brabbeln die ganze Zeit vor sich hin, erzählen wilde Sachen über Etymologie und Entymologie, ziehen wie eine Art russischer Laurel und Hardy durch die Welt: Sergej Gennadjewitsch klein und dick, Jewgenij Wassilijewitsch gross und gut gebaut, allerdings mit etwas reduzierter Zahnzahl – vielen relativ jungen Menschen hier fehlen Zähne, auch vordere.
Sergej Gennadjewitsch ist übrigens der erste international bekannte Künstler, den ich kennenlerne: er war tatsächlich schon im Louvre zu sehen (auch wenn ich das erst für einen schlechten Witz gehalten habe). Vorgestern rief auf seinem Handy eine Frau von der LIBERATION an, aus Paris, und ich mußte übersetzen, das war wild: Eine englischsprechende Französin, die nicht einmal weiß, daß es den Ort Samara gibt, telefoniert mit einer Deutschen eben dort, die vom Russischen ins Englische und zurück übersetzt. Jedenfalls soll Sergej Gennadjewitsch ein Porträt machen für die Zeitung. Ich kam mir gleich ganz wichtig vor.
Die Krönung des Abends aber war Thomas Anders (die zweite Hälfte von Modern Talking). So weit mußte ich fahren, um ihn endlich zu sehen. Das Autowerk hier in Samara hat wohl zu viel Geld, mindestens zweimal im Jahr feiern sie rauschende Feste: das gestrige begann mit Karneval (etwas verloren zwischen Neubaublocks), fand seine würdige Fortsetzung mit Thomas Anders (ohne Eintritt auf dem Aufmarschplatz) und ein prächtiges Ende mit einem zehnminütigen Feuerwerk. –
Es gibt übrigens eine ganz enge Verbindung zwischen Samara und Stuttgart, fast alle hiesigen Künstler waren schon mal dort, und die Stuttgarter hier; und daher rührt denn auch das herrschende Deutschlandbild. Da kann ich zehnmal sagen, daß Baden-Württemberg wohl die reichste Ecke Deutschlands ist. So hat eben jeder seine festgefügten Bilder im Kopf, und die zu stürmen ist unter Umständen schwer.

Kontakt

Alena Meier

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