Text
Bettina Carl
Einleitung
Nishni
Novgorod
Izhevsk
Jekaterinburg
Samara
Saratov
Ausstellung
Text
Peter Funken
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Rahmenbedingungen
Alena Meiers »und« erzählt über Rußland und
über postsozialistische russische Kunst. Die Motivation für
diesen künstlerischen Reisebericht gründet zum einen in Alena
Meiers persönlicher Ost-West-Geschichte, zum anderen geht es um die
Frage, wie es zur Kunst kommt wie das Anschauen (im Atelier, im
Fenster, im Kopf) das Gesehene zum Bild macht.
Diese Frage hat Alena Meier bereits in früheren Arbeiten beschäftigt,
die immer wieder Ansichten der Arbeitsumgebung der Künstlerin zeigen,
also die Nebensachen zu Hauptsachen machen, den Rahmen, die Umstände
zum Bild erklären. Vielleicht ist die Sache ganz einfach: Das Bild
entsteht aus Licht, sowie den Geräten und Materialien, die die Künstlerin
benutzt. Und aus den Vorstellungen der Produzentin, also allem, was sie
weiß, denkt und vergessen hat, mithin aus einer ganzen Welt, die
sich zum Beispiel in Bildern von Lampen auf Bildern oder Porträts
von Alena Meiers blitzender Kamera in ihrem Spiegel verdichtet und auflöst.
»und« setzt sich aus Fotografien und Texten zusammen, die,
zu Gruppen und Kapiteln montiert, als Installation und als Buch bestehen.
Alena Meier beschreibt darin vor allem die Lebens- und Arbeitsbedingungen
der Künstlerinnen und Künstler, denen sie unter anderem in Nishni
Nowgorod, Jekaterinburg und Samara begegnete. Dieser Reisebericht versucht
etwas Ungewöhnliches. Es geht Alena Meier zwar auch um eine weitgefaßte
Form des Dokumentierens der Kunstszenen dieser Städte und ihrer Protagonisten,
vor allem aber um Situationen, um die Verarbeitung und Vermittlung von
Eindrücken. Nicht einzelne Werke stehen im Vordergrund, sondern die
Kontexte, in denen sich bestimmte künstlerische Taktiken entwickeln.
Wir sind gewohnt, von Berichten bestimmte Anordnungen zu erwarten, die
dem Präsentierten die Aura des Objektiven verleihen und dem Betrachter
versprechen, etwas mehr oder weniger Neues als Information dem bereits
Bekannten ordentlich eingliedern zu können: Angenehm unbemerkt geht
so vom Berichterstatter auf den Rezipienten das Gefühl über,
die einzig mögliche, selbstverständliche Perspektive innezuhaben.
Es ist irritierend, daß »und« diesen Effekt verweigert;
um so mehr spricht diese Arbeit von der Beteiligung der Berichtenden an
dem, was sie zeigt. Alena Meiers Blick zeugt von Faszination, vom Wiedererkennen
und Distanzieren, dabei haben ihre Fotografien und Texte durchweg den
Charakter von Nahaufnahmen. »und« ist von der Bereitschaft
geprägt, sich auf das Neue einzulassen, ohne die eigene Voreingenommenheit
zu leugnen, und das bringt eine andere Art der Erkenntnis hervor.
Bettina Carl
copyright Bettina Carl
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